Bühnenbild
Wir haben es nicht gut gemacht nach dem Briefwechsel von Ingeborg Bachmann und Max Frisch, Bühnenfassung von Susanne Frieling
Schauspiel Frankfurt | 17.01.2025
Regie: Susanne Frieling | Kostüm: Anna Sünkel | Dramaturgie: Katrin Spira | Musik und Video: Max Windisch-Spoerk | Licht: Tobias Lauber
Mit: Manja Kuhl und Sebastian Kuschmann
Liebe und Verletzung, Nähe und Distanz, Bewunderung und Abstoßung – all dies steckt in der Liebesbeziehung eines der berühmtesten Paare der deutschsprachigen Literatur. Ingeborg Bachmann ist eine gefeierte Lyrikerin, Star der Gruppe 47. Das legendäre Spiegel-Cover von 1954 hat sie ikonisch werden lassen. Max Frisch, ebenfalls erfolgreicher Autor, ist mit der Inszenierung seines Stückes »Biedermann und die Brandstifter« beschäftigt, als beide sich erstmals begegnen. Es ist das Frühjahr 1958. Frisch schreibt der jungen Autorin, wie begeistert er von ihrem Hörspiel »Der gute Gott von Manhattan« ist, Bachmanns Antwort darauf vom Juni desselben Jahres ist der Beginn eines Briefwechsels, der von eben diesem Kennenlernen bis etliche Jahre über die Trennung hinaus andauert.
Fotos: Felix Grünschloss
Sämtliche Requisiten der gemeinsamen Zeit wurden zusammengetragen. Hinter einer an zwei Garagentore erinnernden Wand blickt man auf Umzugskartons sowie allerlei Möbel, darunter Lampen und Stühle. Fotografien stehen herum, alte Schreibmaschinen. Unverwahrtes, Spuren und Aggregate besserer Tage. Davor beobachten wir zwei Menschen, die mit sich ringen.
Am Ende, als die Trennung der beiden Figuren an diesem Abend mehr und mehr offensichtlich wird, als ein wildes Lichtgeflacker jedweden Anschein von Restharmonie zerstört, bedeckt Ingeborg das Mobiliar mit weißen Tüchern. Verstärkt wird dieser letzte Akt des Abschieds noch durch rote Rosen. Überall stellt sie die Autorin nun in Vasen auf die Bühne. Die Garagen mit Gerümpel einer erloschenen Liebe muten dann einerseits wie Schaufenster an, die von falschem Glück künden, andererseits denkt man an ein Grab. Wird hier eine große, aber prekäre Partnerschaft beerdigt?
- Björn Hayer, der Freitag
Susanne Frieling zeigt das Beziehungsdrama als Rückblick, also wie es zum Beziehungsende gekommen ist. Dies mit viel Feingefühl. Der Bühnenraum von Devin McDonough bietet dafür zwei unterschiedliche Bereiche. Im Vordergrund ein leerer Außenbereich, der zunächst nach hinten verschlossen ist. Schon bald wird dieser geöffnet und dahinter zeigt sich das Wohnzimmer der gemeinsamen Wohnung. Zwei Schreibtische, viele Bücher und ein Schachspiel (was sie tatsächlich spielten). Umzugskartons deuten ihre Ruhelosigkeit an.
- Markus Gründig, Kulturfreak
Ein grauer Flur mit Fußleiste und Stuckbesatz ist es zunächst, in dem sich die Schauspieler Manja Kuhl und Sebastian Kuschmann begegnen, ein Ort des Transits. Später tun sich zwei torbreite Aufzugtüren auf und geben den Blick frei auf einen Raum der Erinnerung an die verspielte Möglichkeit eines gemeinsamen Lebens, den Devin McDonough mit einem Doppelensemble aus zeitentsprechendem Mobiliar samt Schreibtischen und mechanischen Schreibmaschinen sowie umherstehenden Umzugskisten ausgestattet hat. Eine leise Inszenierung ist das, sie meidet das Spektakuläre und bezieht eben daraus ihre Wirkmacht.
Es ist Frieling gelungen, aus den tausend Seiten des Briefwechsels ein konsistentes Stück zu komponieren. Die über den biografischen Schlüssellochblick hinausgehende Perspektive auf ein Allgemeines der heiklen Verhältnisse einer schwierigen Liebe in der Moderne ist schon in den Briefen selbst angelegt.
- Stefan Michalzik, Strandgut
Üblicherweise werden solche Briefwechsel auf der Bühne als szenische Lesungen geboten. Doch die Regisseurin Susanne Frieling macht ein Theaterstück daraus, das dem Unsinn des Unterfangens stetig entgegenwirkt. […] Für ihre einprägsame Bühnenfassung kürzt Frieling den Briefwechsel von fast 600 Seiten auf knapp 40 herunter. Ein kleiner Ausschnitt zwar, der aber doch pars pro toto von dieser unmöglichen Liebesgeschichte erzählt. […] Der stärkste Moment gehört Manja Kuhl, die gegen Ende in einem ihrer Monologe immer mehr in den typischen Sprechduktus der Bachmann wechselt, sich ihr wirklich anverwandelt und danach im Handumdrehen wieder in ihren Alltagston springt.
- FAZ, 20.01.2025